„“Akzeptiere was ist“ oder „nimm an, was ist“ – das sind für viele von uns häufig erst einmal Phrasen, die einem in fast jedem Persönlichkeitsentwicklungsseminar oder -buch entgegen schlagen.
Vielleicht geht es dir auch so wie mir, dass du dann häufig sogar schon denkst, „ja, ja, das mache ich doch, aber …“.
Mir ging es jedenfalls oft so. In den letzten Monaten habe ich aber verstanden, dass ich eben nicht wirklich verstanden hatte, was damit gemeint ist. Oder genauer gesagt, das Konzept habe ich mit dem Verstand – meiner Ratio – annehmen können – jedoch nicht erkannt, welche elementaren Aspekte es eigentlich betrifft.
Diese Erkenntnisse haben mir enorm geholfen einige meiner Themen einfacher anzugehen bzw. sie überhaupt erkennen zu können. Da dieses Thema sehr umfassend ist, möchte ich hier einen ersten Einblick geben, der vielleicht auch bei dir schon einen Stein ins Rollen bringt. Gerne gehe ich in folgenden Beiträgen an der ein oder anderen Stelle weiter in die Tiefe.
Akzeptanz vs. Widerstand
Zunächst einmal – woran merken wir, dass wir überhaupt im Widerstand zu etwas sind und was kann dieses „etwas“ sein.
Im Widerstand zu sein bedeutet, dass wir etwas nicht so annehmen möchten wie es ist – wir sind dagegen, sträuben uns vor etwas oder versuchen es wegzuschieben (zu ignorieren).
Gedanken wie: „etwas sollte anders sein“, „jemand anderes sollte sich anders verhalten“, „ich darf mich so nicht fühlen“, „ich sollte mich anders fühlen“ … spiegeln eine Erwartungshaltung und gleichzeitig eine Ablehnung wider. Wir vergleichen einen Ist-Zustand mit einem fiktiven Soll-Zustand und die Diskrepanz führt dazu, dass wir gestresst, unter Druck, verärgert, traurig oder >xy< sind.
Was Akzeptanz NICHT ist
Um eine häufige Verwechslung vorwegzunehmen – etwas anzunehmen oder zu akzeptieren bedeutet NICHT, damit glücklich zu sein!
Es kann genauso bedeuten, dass wir gerade akzeptieren, dass wir traurig sind UND nicht von uns erwarten, dass es anders sein müsste. Anstatt das Gefühl der Traurigkeit oder welches sich auch gerade zeigt, zu unterdrücken, nehmen wir es an und geben ihm die Berechtigung zu sein – wir geben uns die Berechtigung dafür, dass uns etwas traurig macht sowie den Freiraum zu erkennen, warum wir es sind.
Akzeptanz: Der erste Schritt zur Veränderung bzw. Ent-Wicklung
Das ist schon einmal der Grund, warum ein Annehmen einer Situation der erste Schritt zu einer Veränderung ist bzw. eine solche überhaupt erst möglich macht. Die Akzeptanz nimmt uns Druck. Wir kommen genau da an, wo wir gerade sind. Und das ist der einzige Ausgangspunkt von dem aus wir die richtigen Entscheidungen treffen können, um eine Veränderung einzuleiten.
Ent-wicklung - zurück zu deinem Kern, wer du eigentlich bist
Häufig sprechen wir in diesem Kontext nicht von Veränderung sondern von Entwicklung. Wenn wir das Wort auseinander nehmen – Ent-wickeln – dann bedeutet es nichts anderes, als dass wir uns von etwas befreien, das uns umwickelt. Zu diesem Schritt der Ent-wicklung wird man jedoch niemals kommen, wenn man nicht realisiert, dass man wie eine Mumie, eingewickelt in alte Erfahrungen, Handlungsmuster und Interpretationsweisen oder mit eingeschränkter Sichtweise, durch das Leben läuft. Stattdessen suchen wir die Veränderung im Außen – womöglich durch eine schöne Maske – wie passend zu einer Mumie.
Anders gesagt – stell dir deinen Veränderungswunsch wie eine Reiseplanung vor. Du hast ein Ziel vor Augen (vielleicht mehr Freiheit und Selbstbestimmung) und beginnst deine Route zu planen – wie komme ich an mein angestrebtes Ziel?
In der Psychologie und im Coaching gibt es viele unterschiedliche Methoden – wie es auch Transportmöglichkeiten bei einer Reise gibt – Flugzeug, Fahrrad, zu Fuß, ÖPV, Fähre etc. und meist ist es sogar eine Kombination aus mehreren. Du kannst deine Reiseroute jedoch nicht planen, wenn du nicht weißt, von wo aus du startest. Was ist das passende Mittel, um dich von A nach B zu bringen? Um dies zu entscheiden und sicherzugehen, dass du auch bei B ankommst MUSST du A kennen – deinen Ausgangspunkt. Und das bist du selbst. Anhand des oben genannten Beispiels: was genau macht dich traurig? Ist es etwas an der aktuellen Situation oder vielleicht etwas, das dich an etwas aus deiner Vergangenheit erinnert – eine alte Wunde vielleicht, die noch nicht verheilt ist? Je nachdem, zu welcher Erkenntnis du hierbei kommst, kann es sogar sein, dass das Ziel ein ganz anderes sein wird, als du ursprünglich dachtest.
Im Widerstand zu WAS stehen wir eigentlich, wenn wir nicht annehmen?
Was mich zu dem Punkt des „etwas“ bringt. Was kann dieses „etwas“ sein, zu dem wir im Widerstand sind?
Es gibt unterschiedliche Möglichkeiten. Denn es können in der Tat Aspekte sein, die sich in deinem Umfeld befinden – der Job, dein Partner, eine bestimmte Lebenssituation oder deine Wohnsituation.
Vor allem in Situationen, in denen ich mit externen Umständen unzufrieden war, dachte ich Akzeptanz bedeutet: Ok, ich akzeptiere, dass die Person aus meiner Sicht >xy< ist und ich diese nicht ändern kann. NEIN, das, ist es nämlich nicht – bzw. nur ein Teil davon.
Deine Reaktion auf das, was im Außen ist, ist entscheidend
Es geht vor allem darum, was diese Situation mit DIR macht – was löst es in dir aus? Es geht im ersten Schritt darum, dieses Gefühl in dir wahrzunehmen und anzunehmen. Erst dann können wir erkennen, worum es eigentlich wirklich geht – woher kommt das? Was macht das mit DIR? Wie denkst du aufgrund des Situation über dich? welches meiner Bedürfnisse wird in dieser Situation nicht erfüllt? – und das ist es letztlich, was es anzunehmen und zu erkennen gilt.
Also auch hier, wenn du merkst, dass du unglücklich bist, du Angst vor etwas hast oder dir etwas Schmerzen bereitet, dann musst du bei A beginnen – realisieren, dass du unglücklich bist, annehmen, dass es so ist und dann herausfinden, warum du so reagierst, wie du es tust.
Das Gegenteil von Akzeptanz oder Annahme ist es, Dinge wegzulächeln oder Sätze wie:
„oh, ich weiß, es gibt eigentlich gar keinen objektiven Grund – ich habe gar kein Recht mit etwas unzufrieden zu sein“. „Das wird schon wieder vorbeigehen, wenn ich mich nur lang genug mit anderen Dingen beschäftige … oder mir im Spiegel gut zu rede und Positives manifestiere… >du kennst deine eigenen Tricks< … „.
Denn hervorragend, da ist er schon: der nächste Widerstand. Widerstand gegen dich selbst, Widerstand gegen einen Teil in dir, der unzufrieden, traurig ist oder sich ungeliebt fühlt.
Und genau das ist der Knackpunkt – es ist weniger etwas im Außen, das wir nicht akzeptieren, wertschätzen oder annehmen wollen, sondern das, was in uns ist oder was es mit uns macht. Ein Gefühl, eine Emotion, Teile in uns, die unzufrieden, traurig, und alleine sind oder sich ungeliebt fühlen.
Und so setzen wir uns selbst unter Druck: Wir wollen diese Aspekte weder sehen, hören noch wahrhaben. Und was passiert dann? Der Druck, die Angst, der Schmerz und die häufig damit einhergehenden Ausweichstrategien (z.B. Suchtverhalten, Wutausbrüche, Gefühl der Hilflosigkeit, you name it …) werden stärker, bis wir dazu bereit sind, in uns selbst, anstatt auf das, was im Außen ist, zu schauen. Und das macht Angst (schmerzt)! Denn wir wissen nicht, was uns dort erwartet. Oder vielleicht ahnen wir es eben doch und das macht uns dann noch mehr Angst – denn häufig sind es Aspekte in uns, mit denen wir (oder unser Ego) uns nicht mit identifizieren (wollen).
Der Schmerz bzw. negative Gefühle sind ein Kompass für die eigene Ent-wicklung
Haben wir nicht alle von klein auf gelernt, dass wir versuchen sollten Schmerz aus dem Weg zu gehen? Dass er etwas Schlechtes ist und ihn wo immer möglich umgehen sollen?
Wir haben gelernt Schmerz mit etwas Schlechtem und einem Problem gleichzusetzen. Dabei ist Schmerz rein rational betrachtet sogar etwas Gutes – er weißt uns darauf hin, dass es ein Problem gibt – das Problem ist also nicht der Schmerz, sondern das, was ihn verursacht. Er zeigt uns lediglich, dass etwas in uns unsere Aufmerksamkeit benötigt.
Ein Beispiel, wie wir häufig mit körperlichem Schmerz umgehen: Wenn wir in einen Reißnagel treten, dann halten wir inne, schauen, was den Schmerz verursacht, entfernen den Reißnagel und versorgen die Wunde mit einem Pflaster.
Das Ganze weiter gedacht: Würdest jemals auf die Idee kommen, in dieser Situation die Augen vor dem Schmerz zu verschließen und krampfhaft weiterzulaufen, nur weil du nicht hinschauen möchtest, welche Wunde diesen Schmerz verursacht? Glaubst du, dass auch in diesem Fall der Schmerz irgendwann nachlässt, wenn du ihn lange genug ignorierst?
Nein, er würde schlimmer werden. Und dennoch gehen wir heutzutage genauso mit unseren emotionalen Schmerzen und unangenehmen Gefühlen um. Weil wir in unserer Kindheit nicht gelernt haben, wie wir mit ihnen umgehen können. Noch schlimmer, in vielen Gesellschaften werden Gefühle als Schwäche oder Hindernis empfunden und gezielt abtrainiert. Doch das ist unmöglich. Unterbewusst finden unsere Emotionen einen Weg, uns auf ein Problem aufmerksam zu machen.
Schmerz oder unangenehme Gefühl sind einfach ein Warnsignal, dass etwas nicht stimmt.
In Bezug auf uns selbst bedeutet dies – hinzuschauen und erst einmal anzunehmen, dass wir mit etwas unzufrieden sind, uns etwas triggert, wir verletzt sind und dass dieses Gefühl, „dieser Schmerz“ uns etwas über uns sagen kann. Also anstatt vor diesen, meist unangenehmen Gefühlen, wegzulaufen und sie zu ignorieren, sie als das anzuerkennen, was sie sind:
Unser innerer Kompass, der uns darauf hinweist, dass wir einen Teil in uns gerade ignorieren oder ablehnen. Einen Teil in uns, der geheilt werden möchte.
Erleichterung und der erste Schritt zur Ent-wicklung
Und häufig ist das auch schon der erste Schritt zu einer Veränderung. Wir erkennen und akzeptieren, dass wir eine Wunde – meist in Form eines unerfüllten Bedürfnisses – haben, etwas, das uns schmerzt. Anstatt zu verurteilen, zu verdrängen, zu ignorieren oder die Lösung im Außen zu suchen, nehmen wir den Teil in uns, der uns etwas zeigen möchte, an – als das was er ist – ein Teil von uns. … auch wenn es vielleicht gerade nicht zu unserem Selbstbild passt!
Alleine dieser Schritt kann dazu führen, dass wir uns besser fühlen. Wir befreien uns von dem Druck und der Erwartungshaltung, dass es diesen Teil (diese Gefühle) in uns nicht geben darf oder wir uns jetzt gerade anders fühlen sollten. Und allein diese Akzeptanz sorgt häufig für eine unglaubliche Erleichterung und macht den Weg zur Veränderung frei.
Wie solche Emotionen und negativen Gefühle entstehen können, wie du mit ihnen umgehen und sie besser verstehen und transformieren kannst, erläutere ich dir gerne in einem der kommenden Beiträge.
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1 Gedanke zu „Akzeptanz & Annahme – was bedeutet das eigentlich?“